Gewerbe

Bedarf an Gewerbe

Videovortrag für die Sitzung der Zufallsbürger am 20.1.24.

Für textaffine Interessenten ist unten das Manuskript zum Lesen eingestellt.

Filetgrundstück in Herrenberg BayWa-Planung ist gescheitert

So titelte die Kreiszeitung am 22.12.2021.

Es war das Ende der Planungen für ein 17,58 ha großes Gelände im Zentrum von Herrenberg, geplant zur Mischnutzung von Wohnen und Gewerbe. Zum Vergleich: Die zur Wohnnutzung ausgewiesene Fläche von Herrenberg-Süd beträgt 15,5 ha.

Der vom Gemeinderat an die Investoren von „Blue Estate GmbH Stuttgart“ vergebene Planungsauftrag wurde gestoppt. Man wollte die Schlussfolgerungen des Büros nicht akzeptieren. So ist auf der Homepage der Stadt Herrenberg zu lesen:

  • „Auch bei Wirtschaftsunternehmen zeigt sich eine große Unsicherheit zu den zukünftigen Bedarfen im Segment Büro und Dienstleistung. Insgesamt zeichnet sich ab, dass sich die Arbeitswelt verändern wird, nicht zuletzt durch vermehrtes Homeoffice in den letzten beiden Jahren. Letztendlich scheiterten auch Versuche des Investors, zusammen mit Maklern, Wirtschaftsförderern und potentiellen Büroflächennutzern ins Gespräch zu kommen, um die Büroräume auf dem geplanten BayWa-Areal zu vermarkten.“ (…)
  • Der Investor wollte von seinen bisherigen Planungen abweichen und in Folge der Entwicklungen einen wesentlich höheren Wohnanteil in seinem geplanten Gebäudekomplex vorsehen.
  • Dagegen stimmte der Gemeinderat in seiner Sitzung am 21.12.2021

Zusammenfassend lässt sich für die Diskussion zu Herrenberg-Süd sagen:

  • Selbst der Vorschlag eines Investors für weitreichende Wohnbebauung des BayWa-Geländes wird abgelehnt. Die Vermutung liegt nahe, dass man Sorge hatte, der Absicht einer Bebauung von Herrenberg-Süd den Boden unter den Füßen wegzuziehen
  • Für Büro und Dienstleistungen waren selbst in optimaler Lage direkt am Bahnhof keine Gewerbetreibenden zu finden. Wieso das heute am Stadtrand in Herrenberg-Süd anders sein soll, bleibt ein Rätsel.

Beitrag von Werner Ueltzen: Videomanuskript für Sitzung der Zufallsbürger am 20.1.24

Werner Ueltzen – Initiative „Wachstum mit Maß“

Wie war das mit Gewerbeprognosen in der Vergangenheit? Auch für Seeländer lag eine vor.
Doch plötzlich war die Nachfrage weg: Seeländer konnte nur gebaut werden, weil die Stadtverwaltung sich selbst eingemietet hat: mit dem Technischen Rathaus und einer KiTa. Die Räume für das geplante Restaurant stehen heute noch leer.

War das jetzt Pech? Zufall? Oder steckt dahinter ein Prinzip?

Es gibt ein Grundproblem: Der Markt für Gewerbeflächen ist ein Angebotsmarkt: Die Gemeinden bieten den Unternehmen ihre Flächen an und konkurrieren untereinander um den Zuschlag. Die Unternehmen suchen aus. Dabei möchten alle Gemeinden die attraktiven Branchen: Logistik ist verpönt, aber Forschung und Entwicklung, schicke innovative StartUps wollen alle- – auch Herrenberg. Wie man den Zuschlag erhält, machen im Großen gerade die Batteriefabriken und Tesla vor.

In Herrenberg sind heute knapp 50 ha Gewerbefläche im Flächennutzungsplan und im Regionalplan ausgewiesen. Durch mangelndes Engagement und fehlende Kontinuität in der Umsetzung kommt Herrenberg seit Jahren bei der Gewerbeentwicklung nicht vom Fleck. So hat z. B. in den letzten 7 Jahren die Amtsleitung im Amt für Wirtschaftsförderung und Kultur dreimal gewechselt.

Jetzt die Flucht nach vorn anzutreten und im großen Stil neue Flächen auszuweisen, ist nicht zielführend. Auf Gewerbeprognosen allein darf man sich nicht verlassen. Gibt es aber noch eine Steigerung zur Unsicherheit einer Gewerbeprognose? Ja, die gibt es: eine schlechte Gewerbeprognose. Hierzu einige Originalzitate aus der Arbeit der Fa. imakomm für Herrenberg:

  • (S.36)„Es bleibt zur Einordnung der Ergebnisse nochmals zu betonen, dass die Ermittlung / Prognose der Flächenbedarfe letztlich in allen Modellen methodisch mehr oder weniger auf einer Fortschreibung der Entwicklungen der Vergangenheit beruht.“
    -> z. B. findet die Krise der Automobilindustrie hier also nicht statt?
  • (S.68)„Zudem sind die bei den zentralen „Stellschrauben“ verwendeten Standardwerte zum Teil älter als 30 Jahre und damit hinsichtlich ihrer heutigen Gültigkeit in Frage zu stellen.“
    ->kein Kommentar
  • (S.69)„Insgesamt ist festzuhalten, dass solch konkrete Prognosen, also auch auf kommunaler Ebene, immer mit Vorsicht zu genießen sind.“
    -> Sind wir nicht gerade in Herrenberg auf der kommunalen Ebene? Wir jedenfalls genießen die Vorsicht.

Auf dieser Arbeit, auf diesem Grund, würde ich kein Gewerbegebiet bauen wollen. Sicher benötigt Herrenberg mehr Einnahmen aus der Gewerbesteuer aber ohne das Risiko, auf den Entwicklungskosten sitzen zu bleiben. Lieber mit Bedacht Flächen im Bestand entwickeln. Nicht der Prognose glauben und in Herrenberg-Süd durch Flächenankauf und Infrastrukturentwicklung Kapital binden. Statt eine potenzielle Gewerbebrache zu schaffen lieber mit dem Geld die liegen gebliebenen Hausaufgaben machen: Der Haushalt reicht jetzt schon nicht für Feuerwehrgebäude, Kaltlufthallen, Schulen, Kitas, Sanierung der maroden Altstadt und und und. Die Aufgaben sind groß und die Schulden bald noch größer.

Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.